MARINDA DA POLA

Marinda da Pola zählt zu den io­ni­schen Na­tur­de­si­g­ne­rin­nen und gilt in der Kunst­welt als ei­ne der wich­tigs­ten zeit­ge­nös­si­schen Ver­tre­te­rin­nen des Pola­kon­zepts. Marinda da Polas Ar­beit Selbst­zweck­gar­ni­tur sieht aus wie ei­ne ge­wöhn­li­che Kehr­gar­ni­tur aus dem Su­per­markt.

Aber dies ist nur die äu­ße­re Er­schei­nung. Die in auf­wen­di­ger Hand­ar­beit um­ge­ar­bei­te­te und mo­di­fi­zier­te Kehr­gar­ni­tur deu­tet auf ei­nen grö­ße­ren Sinn hin, wel­cher über den Zweck ei­nes ge­wöhn­li­chen Hand­fe­gers und Kehr­blechs weit hi­n­aus­geht. Nun, es ver­weist auf die Tä­tig­keit des Keh­rens selbst hin. „Der Weg ist das Ziel“ gilt in den Kul­tur­räu­men des Na­hen Os­tens als Weis­heit. Das Keh­ren wird hier eben­so zum Selbst­zweck aus­ge­ru­fen. Na­tür­lich braucht man da­für kein Kehr­gut mehr (um­gangs­sprach­lich auch als Dreck be­zeich­net). Die Bors­ten ste­cken nur lo­se im Fe­ger und beim Fe­gen fal­len sie he­r­aus und bil­den so das Kehr­gut. Der oder die Keh­ren­de voll­zieht in die­sem Kehr-Ri­tu­al ei­nen Akt der Um­kehr. Der Kreis der ewi­gen Wie­der­kehr wird durch die­sen Vor­gang durch­bro­chen. Es gibt ne­ben die­sem Selbst­zweck kei­nen an­de­ren Zweck mehr. Marinda da Polas In­s­tal­la­ti­on der Wie­der­kehr be­steht aus ei­nem al­tar­ähn­li­chen Ge­bil­de, in dem die drei Kehr­gar­ni­tu­ren an­we­send sind. Ei­ne neu ver­pack­te Kehr­gar­ni­tur zur Lin­ken. In der Mit­te ei­ne aus­ge­pack­te Kehr­gar­ni­tur, dem Fe­ger sind zur Hälf­te die Bors­ten aus­ge­fal­len und die­se be­fin­den sich auf dem Kehr­blech. Zur Rech­ten ist die Kehr­gar­ni­tur wie­der in der Plas­tik­ver­pa­ckung. Der Fe­ger be­sitzt kei­ne Bors­ten mehr. Die Bors­ten (das Kehr­gut) be­fin­den sich nun auf dem Kehr­blech. Marinda da Pola er­klärt: Das ist wie in der Phy­sik in der Elek­t­ri­zi­tät. Die Bors­ten ent­spre­chen den Elek­t­ro­nen. Sie ent­la­den sich vom Fe­ger auf das Kehr­blech. Die durch­sich­ti­ge Plas­tik­ver­pa­ckung kann nun mit Kehr­blech, Fe­ger und Bors­ten zu­sam­men ent­sorgt wer­den. Marinda da Pola sagt da­zu: "Ich ver­su­che ein Be­wusst­sein da­für zu schaf­fen, dass wir die Müll­ent­sor­gung selbst ent­sor­gen müs­sen.

Ist Ih­nen schon ein­mal auf­ge­fal­len, dass wir al­les im­mer mehr ver­pa­cken, dass aber Kehr­gar­ni­tu­ren nie ver­packt sind?" In dem Aus­stel­lungs­raum um den Al­tar gibt es ei­ni­ge Rei­hen von Kehr­gar­ni­tu­ren. Die Be­su­cher kön­nen dann selbst die Er­fah­rung ma­chen und ver­su­chen, dass die beim Fe­gen vom Fe­ger aus­fal­len­den Bors­ten ge­nau mit dem letz­ten Fe­ge­zug auf dem Kehr­blech lan­den. Marinda da Pola ist be­kannt ge­wor­den durch ihr Pro­jekt Selbst­zweck­tür. Sie stell­te ei­ne gro­ße Tür auf ei­nem viel be­fah­re­nen Ver­kehrs­krei­sel ei­ner Groß­stadt auf. Die­se gro­ße, strah­lend-wei­ße Tür stand an­fangs of­fen. Vie­le Ver­kehrs­teil­neh­mer hiel­ten an, um die Tür zu schlie­ßen. Dies führ­te zu Stau­un­gen und Ver­kehrs­un­fäl­len und die Stadt­ver­wal­tung sah sich da­zu ge­zwun­gen, die In­s­tal­la­ti­on zu ent­fer­nen. Als man die Au­to­fah­rer be­frag­te, wa­r­um sie so ge­han­delt hät­ten, ant­wor­te­ten fast al­le, dass sie es nicht aus­hal­ten könn­ten, wenn ei­ne Tür of­fen steht.

!! Hin­weis: Die In­s­tal­la­ti­on ist vom 30. bis zum 31. Fe­b­ru­ar im Mu­se­um für Neue Kunst in Hamburg er­fahr­bar. Öff­nungs­zei­ten: 15:60 bis 16:00 Uhr.
!! Hin­weis: Ver­mut­lich ei­ner der äl­tes­ten Ro­ma­ne der Mensch­heit – das Gilgamesch-Epos – be­han­delt schon das The­ma Tür. Die­ser Ro­man ent­hält be­reits al­le As­pek­te im­pli­zit, wel­che Marinda da Pola ex­pli­zit ge­macht hat.
!! Hin­weis: Albrecht Dürers Na­me geht eben­falls auf Tür zu­rück. Der Hand­wer­ker, der Ti­sche bau­te, wur­de Tisch­ler ge­nannt, der Hand­wer­ker, der Tü­ren fer­tig­te, wur­de Tü­rer ge­nannt. Tisch­ler hat sich dann aber im Lau­fe der Zeit als Be­zeich­nung für ei­nen Holz­hand­wer­ker durch­ge­setzt.
!! Hin­weis: Das nächs­te gro­ße In­s­tal­la­ti­ons­pro­jekt von Marinda da Polis: Die Selbst­zweck­zwe­cke. Falls Sie die Aus­stel­lung be­sucht ha­ben oder be­su­chen wol­len, wer­fen Sie Ih­re Ein­tritts­kar­ten nicht weg. Sen­den Sie ein Fo­to da­von als E-Mail an uns. Wir ver­lo­sen dann zehn Kehr­gar­ni­tu­ren in ver­schie­de­nen Far­ben (* Mit­ar­bei­ter aus­ge­schlos­sen). Die E-Mail-Adres­se fin­den Sie im Im­pres­sum.

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